Änderungen bei Bauleistungen im Umsatzsteuerrecht

von Gunther Kessel

Die Regelungen bzgl. der umsatzsteuerlichen Umkehrung der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen sahen sich in der Vergangenheit immer wieder Veränderungen ausgesetzt, nicht zuletzt verursacht durch unterschiedliche Rechtsauffassung zwischen Finanzverwaltung und Bundesfinanzhof. Damit einher ging teilweise die Erfordernis für die betroffenen Unternehmen, die umsatzsteuerliche Behandlung bzw. den Umsatzsteuerausweis in den vorgenommen Rechnungen zu ändern. Betroffen von den Regelungen waren und sind nicht nur klassische Bauunternehmen, sondern u.a. auch Schreiner und Elektriker.

Mit der seit dem 01.10.2014 geltenden Gesetzesänderung hat sich der Gesetzgeber faktisch der Sicht der Finanzverwaltung angeschlossen. Positiv dabei festzustellen ist, dass insbesondere durch eine neue, von der Finanzverwaltung zu erteilenden Bescheinigung für umsatzsteuerliche Zwecke - zumindest in den meisten Fällen (s. unten) - eine weitgehende Rechtssicherheit für die Unternehmen geschaffen wird.

Zu der Umkehr Steuerschuldnerschaft - mit der Konsequenz, dass der Leistungsempfänger Schuldner der Umsatzsteuer ist  - kommt es demnach immer dann, wenn ein Unternehmen eine Bauleistung an ein anderes Unternehmen erbringt, dass seinerseits nachhaltig Bauleistungen erbringt. Den Nachweis, dass das leistungsempfangende Unternehmen nachhaltig Bauleistungen erbringt, kann es dadurch führen, dass es bei seinem zuständigen Finanzamt eine entsprechende Bescheinigung beantragt und diese dem leistenden Unternehmen vorliegt. Dass Finanzamt wird diese Bescheinigung ausstellen wenn erkennbar ist, dass es sich bei mindestens 10% des Weltumsatzes dieses Unternehmens um Bauleistungen handelt.

Probleme hinsichtlich der Rechtsicherheit können allerdings in Einzelfällen auftreten, da die o.g. 10%-Grenze nicht gesetzlich normiert ist, sondern sich lediglich aus der Gesetzesbegründung ergibt. Der Wortlaut der Gesetzesbegründung ist jedoch nicht eindeutig, sondern lässt den Schluss zu, dass es auch Fälle geben kann, in denen Unternehmen, die unterhalb der 10%-Grenze liegen, gleichwohl (nachhaltig) Bauleistungen erbringen. Welche Fälle genau gemeint sind, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung nicht. Insofern haben Unternehmen, die nicht eindeutig über der 10%-Grenze liegen und aus diesem Grund keine Bescheinigung vom Finanzamt erhalten, keine Rechtsicherheit.

Die beschriebene neue, ab dem 01.10.2014 geltende Bescheinigung darf nicht mit der einkommensteuerlichen Bescheinigung gemäß § 48b EStG verwechselt werden, die nach der bisherigen Praxis aus Vereinfachungsgründen für umsatzsteuerliche Zwecke "zweckentfremdet" wurde. Diese Bescheinigung gemäß § 48b EStG entfaltet aber weiterhin ihre Wirkung für einkommensteuerliche Zwecke.

Für die Praxis bedeutet dies:

Wenn ein Unternehmen eine Bauleistung an ein anderes Unternehmen erbringt, benötigt es von diesem die neue Bescheinigung für umsatzsteuerliche Zwecke, die bestätigt, dass dieses Unternehmen (der Leistungsempfänger) nachhaltig Bauleistungen erbringt. Nur wenn dem leistenden Unternehmen diese Bescheinigung des Auftraggebers vorliegt, kann es ohne steuerliches Risiko Rechnungen ohne den Ausweis von Umsatzsteuer ausstellen, also das so genannte Reverse Charge Verfahren anwenden.

Gleichzeitig sollte das leistende Unternehmen seinem Auftraggeber seine eigene Freistellungsbescheinigung gemäß § 48b EStG vorlegen. Dies hat jedoch keinerlei umsatzsteuerliche Gründe, sondern dient ausschließlich dazu, dass der Auftraggeber nicht 15% der Rechnungssumme des leistenden Unternehmens einbehalten und an das Finanzamt abführen muss.

Ein weiterer wesentlicher Punkt in Verbindung mit der seit dem 01.10.2014 geltenden Gesetzesänderung ist, dass Bauträger - also solche Unternehmen, die eigene Grundstücke bebauen und anschließend verkaufen - ausdrücklich (und zutreffender Weise) nicht als Bauleister angesehen werden.

Die obigen Ausführungen beinhalten nur ein Teil der Gesamtthematik. Insbesondere auf die Abwicklung in der Vergangenheit ggf. fehlerhaft vorgenommen Abrechnungen wird an dieser Stelle nicht eingegangen. Sollten Sie hierzu oder zu anderen genannten und nicht genannten Aspekten Fragen haben, stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

 

 

 

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